Schwadorf

 

 

Seit über 30 Jahren stellt der Arbeitskreis „Denkmal des Monats“ im Regionalverband Köln des Rheinischen Vereins in unregelmäßiger Folge ein bedrohtes oder sanierungsbedürftiges Denkmal der Öffentlichkeit vor. Seit der Ausgliederung des Regionalverbandes Rhein-Erft aus dem Kölner Verband vor einigen Jahren haben die beiden Regionalverbände wiederholt gemeinsame Projekte im Landkreis vorgestellt, die überregional bedeutend sind. Nach den Norton-Werke in Wesseling (DdM Juni 2016), der Römischen
Wasserleitung in Hürth-Hermülheim erfolgt jetzt die Vorstellung der Kulturlandschaft in der Rheinebene.
Zeppelin-Luftbild 1933 (Kreisarchiv Rhein-Erft-Kreis)

Pressemitteilung zur Präsentation „Denkmal des Monats“ März 2020 – Kulturlandschaftsbereich Brühl-Schwadorf

Der Ort Schwadorf im Brühler Süden feierte 2009 seine erste urkundliche Erwähnung vor über 900 Jahren. Bis ins 19. Jahrhundert behielt das einst kleine Haufendorf seine Größe und Sozialstruktur. Vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es zu einem stetigen Wachstum des Dorfes, das bis heute anhält. Waren es 1910 noch 590 Bewohner, leben heute etwa 1.700 Einwohner in der noch weitgehend isoliert in der Feldflur liegen Ortschaft. Luftbild 1933 s.o.

Tranchot-Karte:

Trotz vieler Bauten des 20. Jahrhunderts hat sich der Ortskern seinen Charakter durch die historische Straßenführung und die markante Bebauung mit Häusern und Höfen erhalten. Hierzu gehören beispielsweise die kleineren Fachwerkbauten: An der Schallenburg 8, Oberstraße 22 (Finkenburg), und die deutlich größeren Höfe: Severinstraße 7, Hommelsheimerstraße 1, Hermann-Faßbender-Str. 1 sowie der ehemals isoliert in der östlichen Feldflur liegende
ehemalige Weiherhof. Auch konnte sich Schwadorf die Zeichen ländlichreligiöser Frömmigkeit in Form von Wegekreuzen und einem Bildstock bewahren und vereint so Geschichte und Tradition im modernen Leben.
Neben den alten Gassen und der Vielzahl geschichtsträchtiger Bauten ist vor allem auch der nord-östliche, seit dem Mittelalter ungestört erhaltene Ortsrand mit der repräsentativen Doppelanlage des Strauchshofes und dem Areal der Schallenburg von besonderer Bedeutung.

Der Strauchshof, vor dem stehend man noch heute bis zum Kölner Dom sehen kann, zeigt die jahrhundertalte Abhängigkeit des Dorfes Schwadorf von Köln, insbesondere den Stiften St. Severin und St. Kunibert. Die Schallenburg, die als eine der wenigen wasserumwehrten Niederungsburgen noch in ihre ursprüngliche Umgebung eingebunden ist, verdeutlicht die grundsätzlich freie Lage der mittelalterlichen Adels- und Rittersitze. Diese konnten, wie das Beispiel Schwadorf zeigt, einem Ort unmittelbar angeschlossen sein. Die Burg wie auch der Strauchshof sind sichtbar auf den erzbischöflichen Sitz in Brühl, die heutige Welterbestätte Schloss Augustusburg, bezogen:
Durch die zentrale Allee des Schlossparks führt der Blick von der Welterbestätte auf Schwadorf und die Türme der Schallenburg. In einzigartiger Weise werden hier die landschaftlichen Bezüge von Herrschaft sinnfällig und Schwadorf wird vom Fachbeitrag zum Regionalplan Köln als Kulturlandschaftsbereich 201 innerhalb der landesweiten Kulturlandschaft „Brühler Schlösser – Vorgebirge“ aufgeführt.

Foto:  Michael Zoephel

Für den Bereich vor dem historischen Ortsrand im Nord-Osten Schwadorfs gibt es nun eine aktuelle Planung für eine (bis zu vierstöckige) Bebauung, zu der neben dem LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, dem LVR-Dezernat Kultur und Landschaftliche Kulturpflege und anderen Trägern öffentlicher Belange auch der Rheinische Verein kritisch Stellung bezogen hat. Anders als bei der bislang erfolgten Bebauung und Siedlungsverdichtung wird hierdurch Schwadorf seiner historischen Sichtachsen (Sichtbeziehungen) und seiner geschichtlichen Erlebbarkeit beraubt und im Charakter verändert.

Aufgrund der aktuellen Lage ist der geplante Ortstermin, zu dem wir alle Interessierten und Fachämter einladen wollten, nicht möglich. Das Ziel unserer Bekanntmachung ist, auf die negativen Auswirkungen der geplanten Bebauung hinzuweisen. Geplant war eine Aktion, durch die die geplante Bauhöhe und ihre Auswirkung auf die Dorfwahrnehmung veranschaulicht werden sollte. Dieses ist derzeit nicht möglich, soll aber nachgeholt werden.

Dr. Ulrich Stevens (Für den Regionalverband Rhein-Erft)
Dipl.-Geograf Alexander Hess (Leiter des Arbeitskreises
„Denkmal des Monats“)

Fachfragen beantworten: Dr. Frank Kretzschmar (0174 3235 043)
Dr. Ulrich Stevens (02232 / 29165)